Kundenbeziehungen aus Gewohnheit sind von gestern. Customer von heute zeigen sich informiert, preisbewusst, agil und anspruchsvoll. Sie erwarten über alle Touchpoints hinweg herausragende Einkaufserlebnisse. Damit stehen Unternehmen vor der Herausforderung, systematisch an der Kundenzufriedenheit zu arbeiten und ihre Neu- und Bestandskunden nachhaltig an sich zu binden. Zielgruppenspezifische Loyalty-Programme helfen dabei. Sie machen aus Kunden Freunde und im Idealfall sogar Markenbotschafter. Voraussetzung ist eine bestmögliche, individuell auf die Kundenbedürfnisse zugeschnittene Customer Experience.

„Das Loyalty-Prinzip war damit in der Welt: Eine Marketing-Strategie, die über Gratifikationen eine starke Kundenbindung herstellt“, analysiert Inge Bernlochner, Principal Consultant CRM & Loyalty.

Angefangen hat es mit Briefmarken. Die US-Firma Sperry & Hutchinson begann 1896, ihre Green Stamps an Einzelhändler zu verkaufen, die sie an treue Kunden weitergaben. Die Konsumenten bekamen eigene Hefte zum Einkleben und wer eine bestimmte Menge gesammelt hatte, konnte sie gegen Waren aus dem S&H-Katalog eintauschen. Partnergeschäfte waren vor allem Lebensmittelmärkte und Kaufhäuser, später auch Tankstellen. Sie verband ein Ziel: Ihren Kunden systematisch und langfristig mehr zu bieten als die Konkurrenz.

Am Anfang war der einfache Appell an das Belohnungszentrum: Erhält ein Kunde für einen Kauf einen Bonus oder kann bei einem Unternehmen billiger einkaufen als auf dem Preisschild ausgewiesen, fühlt er sich gut und kommt wieder. So die Theorie.

Das erfolgreiche Modell von S&H verbreitete sich über Jahrzehnte hinweg, schien aber irgendwann an sein Ende zu kommen. In den 1970er-Jahren verloren die S&H-Marken dramatisch an Wert. Rezessionen in den USA und die Ölkrise hatten das Unternehmen veranlasst, nur noch minderwertige Boni anzubieten.

Die Sache schien sich damit erledigt zu haben.

Paradebeispiel „Vielfliegerprogramm“

Doch plötzlich blühte der Loyalty-Ansatz wieder auf. 1979 kamen Manager der Fluggesellschaft Texas International Airlines auf die Idee, ihre Passagiere für die geflogenen Kilometer zu belohnen. Zwei Jahre später startete auch American Airlines ein Vielfliegerprogramm – und hatte damit sofort durchschlagenden Erfolg. Bald hatte so gut wie jede Fluglinie auf der Welt, die etwas auf sich hielt, ein Bonussystem eingeführt. Mit ihren vielfältigen Gratifikationen – Eintausch gegen einzigartige Produkte, Verbilligungen von Flügen oder Upgrades auf die 1. Klasse – und immer wieder neuen Produktideen hoben die Airlines das alte Briefmarken-Modell auf ein neues Level. Die Grundidee blieb: Man belohnte Kunden für Einkäufe.

Verstärker für gewünschtes Kundenverhalten

Psychologisch gesehen funktionieren Boni nicht nur wegen des finanziellen Anreizes. Für ein bestimmtes Verhalten belohnt zu werden, löst einen Wiederholungsreflex aus. Darum können Loyalty-Programme als Instrument für gewünschtes Kundenverhalten eingesetzt werden. Im Vordergrund steht dabei der Wiederkauf oder die Erhöhung des individuellen Warenkorbs. Bernlochner: „Das lohnt sich doppelt, denn loyale Kunden sichern nicht nur den Umsatz, sie werden mit der Zeit auch immer profitabler.“ Treue Kunden kosten jedes Jahr weniger, dabei geben sie immer mehr aus, weil sie wissen, dass sie dafür adäquat belohnt werden. Hinzu kommt eine hohe Empfehlungsrate, denn zufriedene Kunden erzählen gerne von ihren Erfahrungen. Und: Dank ihrer Loyalty-Programme erfahren Unternehmen viel über das Einkaufsverhalten einzelner Zielgruppen, was unter anderem ihre Warenwirtschaft kalkulierbarer macht. Dazu können Boni-Kunden individuell angesprochen und damit zu weiteren Käufen angeregt werden.

Fokus auf positiver Customer-Experience

Im digitalen Zeitalter müssen Loyalty-Programme aber nicht nur attraktiv, sondern auch möglichst einfach und effizient gestaltet sein. „Komplizierte Anmeldeprozesse und komplexe Gratifikationsmodelle gilt es, unter allen Umständen zu vermeiden“, warnt Expertin Bernlochner.

Als eines der besten Benchmarks für eine positive Customer-Experience gilt das Loyalty-Programm von Starbucks. Es bietet das perfekte Gleichgewicht zwischen einfachem Zugang, Effektivität und Effizienz. Mit „Starbucks Rewards“ erhalten die Mitglieder eine ausgewogene Kombination aus VIP-Behandlung und Express-Service. Starbucks ist Meister darin, den Path-to-Purchase für seine Kunden so angenehm wie möglich zu gestalten und setzt gezielt immer wieder neue Benefits und Services ein, um sogenannte Issues, Needs und Desires der Kunden zu lösen und zu bedienen. So hat Starbucks unter anderem erkannt, dass ein Großteil der Kunden am frühen Morgen zwischen Haustür und U-Bahn nur wenig Zeit hat, um sich einen Kaffee zu holen. Aus diesem Grund haben Mitglieder des Starbucks-Rewards-Programms mit der mobilen App die Möglichkeit, ihre Getränke bequem von zu Hause oder von unterwegs aus zu bestellen und die Warteschlange zu umgehen. Wenn diese Kunden in der Filiale ankommen, werden sie mit einem herzlichen Lächeln und einem Becher mit ihrem handgeschriebenen Namen begrüßt. Die Customer-Experience ist perfekt – personalisiert, konsistent, nahtlos und convenient.

Mit Loyalty-Programmen öffnen sich  u. a. Unternehmen, deren Geschäftsmodell traditionell über den Zwischenhandel läuft, den direkten Zugang zum Kunden. So bauen etwa Pampers, Adidas oder Coca-Cola markentreue Communities auf, die für zuverlässigen Umsatz sorgen.

Modern Vision of Loyalty

Ganz konkret: Ging es früher im Kern darum, den Kunden als treuen Käufer bei der Stange zu halten, hat sich die Stoßrichtung im Loyalty-Management heute  grundsätzlich verändert.

Aus einem Käufer wird ein treuer Freund, dessen individuelle Bedürfnisse während der gesamten Customer-Journey vom Unternehmen ernst genommen werden. Innerhalb einer langfristigen Kundenbeziehung lässt sich die Customer-Experience kontinuierlich an genau diese Kundenbedürfnisse anpassen und somit verbessern, wodurch eine nachhaltige Beziehung entsteht.

Kunden sollen nämlich nicht nur immer wieder kommen, sondern mit dem individuellen Erlebnis an allen Touchpoints und in jeder Interaktion mit einem Unternehmen so zufrieden sein, dass sie die Marke weiterempfehlen. Läuft in der Interaktion mit dem Kunden dann doch einmal etwas schief, kann ein zielgerichtetes und individualisiertes Care-Management die Kundenbeziehung aufrechterhalten.

 „Echte Loyalität über einen längeren Zeitraum bedeutet auch emotionale Bindung an eine Marke, die, wie in einer echten Beziehung, auch verzeiht und somit dem Unternehmen nachhaltigen Umsatz sichert“, weiß DEFACTO-Expertin Inge Bernlochner aus der Praxis.

Conscious Consumers im Blick

Langfristige Kundenbeziehungen gehen über den bloßen Kauf hinaus. Sie beruhen auf der positiven Nutzungserfahrung und der Freude am Produkt. Hier kommt ein starker gesellschaftlicher Trend ins Spiel:  Die Zielgruppe, die früher wenig griffig mit dem Akronym LOHAS (Lifestyles of Health and Sustainability) beschrieben wurde und die Marketers heute als „Conscious Consumers“ ansprechen, wird im Tagesgeschäft immer wichtiger.

Bernlochner: „Der Customer erwartet Added Values mit echtem Mehrwert und verbessertem Service, der weit über einen Preisnachlass hinausgeht und bestenfalls auch Nachhaltigkeitsaspekte oder Social Responsibility, wie z.B. Umweltschutz, berücksichtigt.“

Wenn Kunden von heute nicht nur das pure Produkt, sondern auch das dazugehörige Markenerlebnis kaufen, ist das eine Chance für Unternehmen. Sie eröffnet die Möglichkeit, aus dem destruktiven Preiskampf auszusteigen und die Gewinnmargen nachhaltig zu verbessern.

Individuelle Kundenansprache mit passendem Content

Wer ein effizientes Loyalty-Programm implementieren will, muss wissen, wann und wo er den Customer abholt. Standardisierte Massenmailings reichen nicht mehr aus. Heute geht es um individuelle Ansprache mit passendem Content zum richtigen Zeitpunkt über den individuell präferierten Kanal. Wer das nicht beachtet, generiert nur einen minimalen Return on Investment.

„Der Kunde will im Loyalty-Programm nicht nur für sein Kaufverhalten belohnt werden, sondern für seine wohlgesonnene Nähe zur Marke und ihre Interaktionen“, sagt Bernlochner.

Unternehmen sollten so viele Daten wie möglich sammeln, auswerten und nutzbar machen, um die individuelle Customer-Experience zu verbessern. Interaktionsdaten entlang der ganzheitlichen Customer-Journey sind dabei ebenso wichtig wie Transaktions- oder personenbezogene Daten.

Silodenken in Unternehmen überwinden

Das setzt abteilungsübergreifende Zusammenarbeit im Unternehmen voraus. Silodenken sollte keinen Platz mehr haben, denn der Kunde erwartet eine durchgängige und konsistente Ansprache über alle Touchpoints auf der Customer-Journey. In vielen Unternehmen besteht bis heute die Challenge, von der Single-Channel- auf die Omnichannel-Strategie umzudenken. „Die Interaktion mit dem Kunden erfolgt auf allen Kanälen – anyhow, anywhere und anytime“, fordert Bernlochner  Sie weiß: Der Kunde akzeptiert keine Wartezeiten mehr. Egal, ob Anmeldung, Bestätigung, Informationen zum aktuellen Kauf oder Rückmeldung auf eine x-beliebige Interaktion – es kann nur Austausch auf Augenhöhe und in Realtime geben.

Close the Experience-Gap

Wie funktioniert ein modernes, effizientes Loyalty-Programm also in der Praxis und wie sollten Unternehmen das Thema angehen? „Im ersten Schritt muss geklärt werden, was ein Unternehmen mit seinem Loyalty-Programm erreichen will und welche finanziellen Mittel dafür eingesetzt werden sollen. Stimmt die in mehreren Szenarien ermittelte Kosten-Nutzen-Relation, gilt es, die Touchpoints mit dem Kunden im Omnichannel-Marketing zu erfassen“, erklärt Inge Bernlochner. Dabei stellt sich die einfache Frage: Kennen Sie Ihre Kunden und interagiert die Marke überhaupt mit dem Kunden? Bernlochner: „Oft vertreiben Unternehmen ihre Produkte über Retailer und stehen selbst gar nicht mit dem Endkunden in Kontakt.“ Der hochwertige Grill wird im Baumarkt, der Kinderwagen im Fachgeschäft gekauft. Dementsprechend verfügen die eigentlichen Hersteller über keine validen Kundendaten. In dieser Situation müssen neue Kanäle zur Kundenansprache und zur Interaktion mit dem Kunden definiert und eröffnet werden. „Nur so lässt sich die Customer-Journey tracken, eine adäquate Customer-Experience entwickeln und der Kunde aktivieren“, betont Bernlochner. Ein Loyalty-Programm liefert einem Kunden genau diesen Reason-Why, mit einer Marke auch außerhalb des Kaufkanals zu interagieren.

Erfassung und Nutzung der individualisierten Kundendaten

Entscheidend für ein funktionierendes Loyalty-Programm sind die zentrale Erfassung, Auswertung und Nutzung der individualisierten Kundendaten. „Macht es den Kunden also so einfach wie möglich, in das Programm einzusteigen. Ob eine App, ein QR-Code oder eine Kundenkarte – der Kunde muss sich schnell und bequem identifizieren können. Ohne Daten läuft gar nichts“, so das Credo der Loyalty-Experten. Denn nur anhand valider Daten lasse sich herausfinden, was die Kunden wirklich erwarten.

Die Frage ist, mit welcher Customer-Experience das Unternehmen bei den relevanten Zielgruppen punkten kann und welchen Added Value die Kunden wollen. Beim Bäcker hat der Kunde eine andere Erwartungshaltung als im Flagstore von Apple. Im Online-Shop muss die Menüführung einfach und effizient sein. Eine Premium-Kundin, die schon die Louis-Vuitton-Tasche Sonderedition „Saint Tropez“ gekauft hat und nach ihrem Einkaufsverhalten edelste Parfums trägt, empfindet Rabattangebote möglicherweise als unpassend. Sie erwartet mehr Service und einfach das Besondere. Vielleicht die exklusive Einladung zur Präsentation der neuesten Kollektion? Zugang zum Pre-Sale? Bernlochner: „Die Challenge besteht darin, die individuellen Kundeninteressen zu erfassen und das Gap zwischen der aktuellen und der gewünschten Customer-Experience zu schließen.“ Der Customer muss erkennen, welche Vorteile ihm die Teilnahme am Loyalty-Programm bringt und warum er seine Kundendaten zur Verfügung stellen soll.

Design-Thinking

Kunden müssen schnell und einfach erkennen, warum sie zum eigenen Nutzen immer wieder mit der Marke interagieren sollten.„Um hier Klarheit zu schaffen, entwickeln wir in Workshops mit Teilnehmern aus allen Unternehmensbereichen nach dem klassischen Design-Thinking-Ansatz die zu der jeweiligen Zielgruppe passenden Benefits“, wird Inge Bernlochner konkret: „Zudem überlegen wir gemeinsam, wie neue und spannende Mechaniken, die meist aus den USA oder aus Asien kommen, sinnvoll adaptiert werden könnten.“ Ist diese Phase abgeschlossen, gehen die Experten in den Reality-Check mit den Endkunden. Die Frage lautet dann: Sind die Benefits von Interesse, würden sich Kunden wegen dieser Mehrwerte zu einem Loyalty-Programm anmelden, was bieten die Mitbewerber und was ist gerade ganz unabhängig von der jeweiligen Marke State of the Art? „Dieser Proof of Concept ist enorm wichtig, weil nur so schnell klar wird, ob die Benefits als Basis für eine starke Customer-Experience  zünden“, unterstreicht Bernlochner.

Danach kann das Loyalty-Programm in seine erste Testphase gehen und mit differenzierten Tools ausgebaut werden. „So reicht dem Kunden zur Reaktivierung möglicherweise ein Rabatt von 20 statt 30 Prozent oder der Preisnachlass wird als Voucher ausgestellt, der beim nächsten Kauf eingesetzt werden kann“, nennt Bernlochner einfache Beispiele, die Quick Wins versprechen. Durch konsequentes Controlling lässt sich der Uplift und damit der Return on Investment exakt erfassen. Loyalty-Programme werden so zu hoch effizienten Instrumenten für  Kundenbindung und Profitabilität. Sperry & Hutchinson hätte 1896 davon nicht zu träumen gewagt.

Autor – Kommen Sie bei Fragen gerne auf mich zu!

Berit Eigl

Berit Eigl
Director Business Consulting, Loyalty & CRM Consulting

DEFACTO GmbH

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