Der Handel steht vor gewaltigen Herausforderungen. Ein sich radikal änderndes Kaufverhalten, ein enormer Konkurrenzdruck durch große Online-Plattformen und neu aufkommende Trends erfordern fundierte Entscheidungen für die zukünftige Ausrichtung.

Der Schlüssel: Daten. Der Handel besitzt sie in schier unermesslichem Umfang, was eine enorme Chance bietet – vorausgesetzt, der Datenbestand ist gepflegt und man kann aus ihm Erkenntnisse ableiten und diese im entscheidenden Moment einsetzen.

Die bereits etablierten Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) lassen sich sowohl zur Ermittlung von Potentialen und Risiken als auch zur frühzeitigen Einschätzung von Ursachen nutzen. Dies kann sowohl für ganze Unternehmensbereiche erfolgen als auch auf kundenindividueller Ebene geschehen.

 

Die KI wird immer ausgefeilter

Die Vorteile der KI bestehen darin, dass sie selbstständig in einer bestimmten Situation die richtigen Schlussfolgerungen ziehen und auf Basis komplexer Zusammenhänge Entscheidungen treffen kann. Dabei lernt sie kontinuierlich aus ihren eigenen Erfahrungen, die wiederum in zukünftige Entscheidungsprozesse einfließen. Dieses Verhalten bezeichnet man  nach menschlichem Ermessen als “intelligent”.

Entscheidend ist, dass KI-Lösungen in möglichst aussagekräftiger und nachvollziehbarer Art und Weise diejenigen Entscheidungsgrundlagen bereitstellen oder Entscheidungen treffen, die von einem Unternehmen oder einem Kunde in einer konkreten Situation benötigt werden. Dabei kann es sich beispielsweise um den anhand eines Kundenprofils abgeleiteten Kommunikationsanstoß oder um die von einem digitalen Assistenten bereitgestellte Produktempfehlung handeln.

 

Blick in die Zukunft statt in den Rückspiegel

Bislang verfügen zahlreiche Handelsunternehmen über keine ausgereiften datengestützten Prognosen, sodass ihre Entscheidungen auf dem Blick in die Vergangenheit beruhen. Mittlerweile sind KI-gestützte Prognosesysteme aber in der Lage, sowohl kundenspezifische als auch auf Kundengruppen zugeschnittene Entwicklungsszenarien zu entwerfen. Dabei werden verschiedene Faktoren berücksichtigt. Neben der Einbeziehung der bekannten Kundenmerkmale und des bisherigen Kaufverhaltens geht es insbesondere um die Ermittlung von Präferenzen und Affinitäten sowie um die Einschätzung von Beweggründen. Die Datenquellen sind vielfältig:  So werden auch Daten aus Kundenbefragungen und externe Rahmenbedingungen wie Wetter und ökonomisches Umfeld berücksichtigt.

Aus dem integrierten Gesamtüberblick über alle diese Faktoren leiten KI-Lösungen selbstständig und vorausschauend ab, welche Interaktion mit dem Kunden die vermutlich höchsten Erfolgsaussichten bietet. Die Kommunikation kann dabei digital erfolgen – z.B. an einem Verkaufsterminal, in einem Onlineshop, einem Chatbot oder einer App – oder von einem geschulten Mitarbeiter im Store oder an einer Hotline übernommen werden.

 

KI muss dem Kunden dienen

Mittels KI kann die analytische Optimierung der Kundeninteraktion in das umgesetzt werden, was der klassische Handel schon immer als Kernkompetenz definiert hat: die Beratung. Neu ist, dass ein datengestützter Beratungsassistent auf verschiedene, ursprünglich gar nicht nutzbare und teilweise unstrukturierte Datenquellen zurückgreifen und daraus konkrete Handlungsszenarien ableiten kann. Diese kognitiven Systeme bilden letztendlich das ab, was ein professioneller Verkäufer mit jahrelanger Berufserfahrung im Gespräch mit einem treuen Kunden tun oder aber tunlichst unterlassen würde.

Im konkreten Einzelfall kann ein Kunde z.B. mit einem Smartphone ein Produkt fotografieren, das in dieser Variante oder von diesem Hersteller nicht bei seinem bevorzugten Store vorhanden ist. Ein KI-System kann ihm dann die individuell passende Alternative vorschlagen und dabei Parameter berücksichtigen, die sich aus seinem Kundenprofil ergeben. Reagiert der Kunde auf diesen Alternativvorschlag zustimmend oder ablehnend, wird dies als Datensatz erfasst, so dass die Reaktion in zukünftigen Entscheidungsprozessen berücksichtigt werden kann.

Essenziel ist, dass der Handel Künstliche Intelligenz immer aus Kundensicht betrachtet. Das Kundenerlebnis, die “Customer Experience”, muss grundsätzlich im Fokus stehen. Ein Kunde, der den individuellen Nutzen von KI-Systemen nicht erkennt und erlebt, reagiert ablehnend und wendet sich im schlimmsten Fall verärgert vom Unternehmen ab. Dabei hat jede Branche ihre Besonderheiten. Sie zu kennen und zu beachten ist eine der wichtigsten Voraussetzung für den KI-Erfolg.

 

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Autor: Dr. Joachim Keppler, Director Data Science bei DEFACTO. 

 


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