Wenn jeder weiß, dass der Kunde König und Kundenzentrierung alles ist: Warum handeln so wenige Unternehmen danach? Tatsächlich ist das Kundenerlebnis entlang der Customer Journey oft ernüchternd. Zwischen Anspruch und Wirklichkeit gähnt ein erschreckendes Experience Gap. Dysfunktionale Online-Shops, mangelhafter Support, veraltete Kundendaten, unpassende Ansprache und enttäuschte Kundenwünsche sind eher die Regel als die Ausnahme. Kunden tolerieren das nicht länger, weil sie Besseres kennengelernt haben. Sie wünschen nicht nur eine positive Customer Experience, sie fordern sie. Macht also den Kunden tatsächlich zum König – oder die Mitbewerber machen den Deal.

“Keep it simple“ ist eine der Grundregeln für erfolgreiche US-Unternehmen. In Europa wird das gern als Trivialisierung des Business belächelt. Schließlich beschäftigen sich hierzulande hochqualifizierte Experten aus den unterschiedlichsten Bereichen mit komplexen Anforderungen strategischer Unternehmensführung. Die Kunst ist aber, das große Ganze in wenigen Worten auf den Punkt zu bringen. Manchmal genügt schon ein simpler Spruch aus unserer Kindheit: „Was du nicht willst, das man dir tut, das füg auch keinem anderen zu.“ Heißt: Unternehmen sollten ihren Kunden über alle Touchpoints auf der Customer Journey genau die Customer Experience bieten, die sie selbst hervorragend, überraschend gut und cool fänden. Soweit der Wunsch. Jetzt zur Wirklichkeit.

“In der tristen Realität hängen die Customer gefühlte Ewigkeiten in den Warteschleifen von Service-Call-Centern, Prozesse beim Online-Shopping sind für Kunden unnötig verkompliziert oder Reklamationen werden unfreundlich abgebügelt“, weiß Jörn Kiefer, Senior Creative Consultant CX, Evangelist in Customer Experience Planning bei DEFACTO. Er empfiehlt Unternehmen, radikal und kompromisslos aus Kundensicht zu denken:

„Was erwarten die Kunden und welches Kundenerlebnis muss geboten werden, um Menschen von der eigenen Marke zu begeistern? Wo und wie erfüllt der Wettbewerb die Erwartungen der Kunden besser? Das ist die Herausforderung.“ (Jörn Kiefer)

Customer Experience: Woher kommt das eigentlich?

Rückblick: Lewis P. Carbone und Stephan H. Haeckel haben den Begriff „Customer Experience“ (CX) Mitte der 1990er Jahre geprägt. In einem Aufsatz für die US-Fachzeitschrift „Marketing Management“ schrieben die beiden langjährigen Marketing-Profis: „Kunden bekommen immer mehr als das, wofür sie gekommen sind, weil jedes Produkt und jede Dienstleistung auch stets mit einer Erfahrung einhergehen.“ Der Artikel entfachte eine lebhafte Diskussion in der Fachwelt und führte 1998 durch die beiden Wirtschaftswissenschaftler B. Joseph Pine II und James H. Gilmore zur logischen Weiterentwicklung: Customer Experience Management. Damit war die Erkenntnis in der Welt, dass positive Kundenerfahrungen zur Grundlage für ein ganzheitliches Top-Down-Management-Modell werden. Die bis dahin übliche CX-Praxis von schlichten Loyalitätsboni und bloßen Rabatt-Aktionen galt fortan als kurzsichtiger Aktionismus.

Jeff Bezos – Amazon als Vorreiter

Den weltweiten Durchbruch in der Praxis brachte in den 2000er Jahren der völlig neue Verkaufsansatz von Amazon, basierend auf den theoretischen Erkenntnissen zur Customer Experience:

ein personalisiertes Kundenerlebnis schon auf der Startseite, das sich bei jedem Surfen im Online-Shop in Echtzeit ändert. Dazu KI-Systeme, die basierend auf dem individuellen Einkaufs- und Suchverhalten tatsächlich Nützliches vorschlagen. Amazon schuf einen neuen Standard, der von vielen Unternehmen weltweit weiterentwickelt wird und an dem niemand mehr vorbeikommt.

Lewis Carbone, den „Godfather of Customer Experience“ aus den 90ern, freut das. Er sagt heute: „Der Handel wird nie wieder so sein wie früher. In der Geschäftswelt des 21. Jahrhundert leben wir in einer Zeit des unsteten Wandels. Loyalität, Engagement und Unterstützung der Verbraucher werden nicht länger durch Produkte oder Dienstleistungen gefördert, sondern davon, wie sehr die Erfahrung, die sie als Kunden machen, mit ihren sich ständig ändernde emotionale Bedürfnissen übereinstimmen.“

Steigende Performance-Werte bei Customer Experience

Es hat lange gedauert, bis dieser Paradigmenwechsel bei den Unternehmen angekommen ist. Noch vor zehn Jahren lautete die häufigste Klage von Kunden, dass Einkaufen sie frustriere. Der Grund: Es sei kein Personal da, wenn man es brauche, an der Kasse müsste man ewig warten, das Gewünschte sei nicht zu finden oder nicht vorrätig. Kurz, die Kunden fühlten sich in ihren Bedürfnissen und Wünschen nicht anerkannt. Aber es gibt gute Nachrichten: Immer mehr Kunden in Deutschland zeigen sich mit ihren Einkaufserlebnissen zufrieden. Die Marktforscher von KPMG weisen beim Thema Customer Experience nachhaltig steigende Performance-Werte nach. Grundlage sind die Aussagen von 7000 Endverbrauchern mit 72.000 Einzelbewertungen. Auch wenn noch viel Luft nach oben ist: Der Trend zeigt in die richtige Richtung. Unternehmen orientieren sich zunehmend an den Wünschen und Bedürfnissen ihrer Kunden.

Was braucht der Customer wirklich?

Es gibt starke Beispiele. Der Stromanbieter Yello etwa hat eine App entwickelt, die den Stromverbrauch seiner Kunden jederzeit aufs Jahr hochrechnet. Einfach die aktuelle kWh-Zahl vom Stromzähler ablesen, eintragen und der monatliche Abschlag wird neu berechnet. Die App schlägt den Beitrag vor, der keine Nachzahlung offen lässt. Aber der Kunde kann es auch anders entscheiden und eine niedrigere Summe bestimmen. Die Nachzahlung dient dann als eine Art Schlussrate. Genau so funktioniert Individualisierung: Jeder Kunde nach seinen Bedürfnissen.

Es geht also nicht mehr darum, Bedürfnisse zu wecken, sondern darum, Produkte zu entwickeln, die Menschen wirklich wollen. CX-Management bedeutet, dass der Kunde an erster Stelle aller Überlegungen im Unternehmen stehen muss. Aus einem sehr einfachen Grund: Unternehmen konkurrieren heute nicht allein mit den anderen Playern in ihrer Branche. Ihre Kunden vergleichen sie mit jedem anderen Anbieter, dessen Service sie schätzen.

Amazon-CEO Jeff Bezos ist mit einer simplen Maxime ganz nach oben gekommen: „Wenn du es schaffst, eine großartige Erfahrung zu kreieren, werden deine Kunden sich gegenseitig davon erzählen. Du musst einfach durchweg überwältigend sein.“

Customer Experience-Assessment

Die positive Customer Experience über die gesamte Customer Journey und an allen Touchpoints also kein „Nice to Have“. Es ist  eine Frage des Überlebens im internationalen Wettbewerb. Aber warum hat sich diese Erkenntnis noch nicht überall durchgesetzt? „In der Selbstwahrnehmung klafft ein enormes Experience-Gap“, so Jörn Kiefer. Rund 80 Prozent der CEOs sind nach einer Studie davon überzeugt, dass ihr Unternehmen eine herausragende Customer Experience bietet. „Aber nur acht Prozent der Kunden teilen diese Meinung“, zitiert Jörn Kiefer die Analyse. Die Challenge für Unternehmen besteht also darin, das Experience Gap zu erkennen und eine tragfähige Strategie zu entwickeln.

Potenziale identifizieren und Quick Wins realisieren

Die Schmerzpunkte sind den meisten Unternehmen durchaus bekannt: Die Datenbank weist eine hohe Anzahl an Einmal- oder Single-Channel-Käufern aus. Der letzte Kauf des Kunden liegt lange zurück. Viele Kunden sind inaktiv oder reagieren nicht auf die Kommunikation. Aktuelle Anstöße und Kampagnen erreichen nicht die gewünschten Ziele und Effekte. Stattdessen häufen sich Reklamationen im Customer Service.

„In dieser Situation heißt es, die Erwartungen des Kunden in den Mittelpunkt der Überlegungen zu stellen und zu handeln“, sagt Jörn Kiefer. Der CX-Profi erstellt mit seinem Team ganzheitliche Analysen der Kundenmanagementprozesse und der Kommunikation vor dem Kauf, beim Kauf und nach dem Kauf mit Fokus auf Customer Experience, Content und Barrieren.

„So finden wir schnell und zuverlässig heraus, welche Aktivitäten die Unternehmen ihren Kunden näher bringen und welche Hindernisse es zu überwinden gilt“, erklärt Jörn Kiefer.

Und macht den Unternehmen Mut: „In den meisten Fällen lassen sich schon nach der ersten Gap-Analyse ganz konkrete Potenziale identifizieren und so für die Unternehmen Quick Wins realisieren. Also: Time To Act – Go For Customer Experience!“

Customer Journey und Touchpoints im Fokus

Den Einstieg in den Prozess macht DEFACTO einfach und effizient. Auch hier gilt: keep it simple. “Im Tagesgeschäft brauchen Unternehmen keine theoretischen Abhandlungen, sondern eine klare Ansage und schnelle Erfolge“, sagt Jörn Kiefer. Sein Team erfasst in einem Quick-Screening den Status Quo und entwickelt nach dem klassischen Design-Thinking-Ansatz gemeinsam mit den Kunden die konkreten Maßnahmen. So lassen sich meist schon Quick-Wins realisieren. „Im Fokus stehen Prozesse, Abläufe und natürlich auch die Erfassung, Nutzung und Pflege der Datenbestände“, weiß Jörn Kiefer.

Dabei animiert der CX-Experte ausdrücklich dazu, um die Ecke zu denken. „Oft halten Unternehmen gut gemeinte und grundsätzlich sinnvolle Angebote vor, die im Prozess aber nicht zu Ende gedacht sind.“ Als Beispiel nennt Kiefer die Wunschliste im Online-Shop. Kunden markieren und speichern Artikel, die für sie attraktiv sind. „Jetzt hat das Unternehmen die perfekte Chance, dem Kunden eine hervorragende Customer Experience zu bieten. Der Customer wartet förmlich auf ein Angebot, um seinen Voucher einzulösen oder den Sonderrabatt mitzunehmen. Aber weder Sales noch Marketing nutzen die vorhandenen Daten, um mit passender Kundenansprache individuell in Kontakt zu treten“, mahnt Jörn Kiefer.

Manchmal sind es banale Versäumnisse, die gravierende Folgen haben: „Kunden, die nicht beachtet werden, Umsatz, der nicht generiert wird”, wundert sich der CX-Evangelist. Kiefer fordert, die Customer Journey über alle Touchpoints nachhaltig zu durchdenken und die Chancen zu nutzen.

Nutzung der Datenquellen zur Individualisierung

Sobald die aktuelle Situation analysiert ist, lassen sich konkrete Optimierungsvorschläge und weitere Maßnahmen ableiten. Wirklich gute Customer Experience setzt dabei Individualisierung und Kenntnis der echten Kundenbedürfnisse voraus. „Die Frage lautet ganz einfach, in welchen Bereichen wie beispielsweise Recruiting, Activation oder Reactivation lassen sich durch welche Maßnahmen bereits kurzfristig Erfolge erzielen und wie lässt sich die Performance der bisherigen Aktionen verbessern?“, so Kiefer. Untersucht wird, welche Kauffrequenz im jeweiligen Business-Umfeld die Regel ist und ab welchem Zeitpunkt überhaupt eine Reaktivierung sinnvoll ist.

Customer Journey – neu durchdacht und definiert

„Ski-Ausrüstungen haben andere Kauffrequenzen als Damenwäsche“, nennt Kiefer ein Beispiel. Zudem muss sichergestellt sein, dass der wirtschaftliche Aufwand für die Customer Experience in einem vernünftigen Verhältnis zum erwarteten Umsatz und Gewinn steht. „Wir kennen CX als Tool, das richtig aufgebaut und eingesetzt das Business effizient befeuert“, ist die Erfahrung des Machers. Die Customer Journey wird also neu durchdacht und definiert, um den Kunden über alle Touchpoints eine individualisierte, ganzheitliche Customer Experience zu bieten. Kiefers Ziel ist “die nachhaltige Betreuung und Weiterentwicklung des Kundenstamms“. Der CX-Profi ist sich seiner Sache so sicher, dass er sich an exakt definierten Milestones messen lässt.

Autor – Kommen Sie bei Fragen gerne auf mich zu!

Berit Eigl

Berit Eigl
Director Business Consulting, Loyalty & CRM Consulting

DEFACTO GmbH

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